Methanreduzierende Futtermittelzusätze für Nutztiere

Methanreduzierende Futtermittelzusätze für Nutztiere

Münchner Forschende entwickeln im Rahmen des Projektes ClimateCow einen neuartigen Futtermittelzusatz für Rinder, um den Methanausstoß der Tiere zu reduzieren.

Rinder auf der Wiese
Kühe stoßen beim Verdauen des Futters Methan aus, das als Klimagas 25-mal stärker als Kohlendioxid wirkt.

Methan ist das zweitwichtigste Treibhausgas nach Kohlendioxid (CO₂). Ein Gramm Methan treibt die Erderwärmung um ein Vielfaches stärker an als die gleiche Masse CO₂. Die Landwirtschaft ist nach Angaben des Umweltbundesamtes für rund zwei Drittel des Methanausstoßes in Deutschland verantwortlich. Allein die Rinderhaltung verursacht dabei mehr als die Hälfte der hier erzeugten Methanemissionen. Um die Klimaziele zu erreichen, will die Bundesregierung die Methanemissionen bis 2030 um 30 % reduzieren. Maßnahmen, die den Methanausstoß der Rinder eindämmen, können dazu einen entscheidenden Beitrag leisten. Hier setzt das Forschungsprojekt ClimateCow an.

Darin arbeiten Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) an einem neuartigen Futtermittelzusatz, der die klimaschädlichen Methanemissionen der Nutztierhaltung drosseln soll. Das Vorhaben wurde im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Neue Produkte für die Bioökonomie“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Sondierungsphase von Oktober 2022 bis September 2023 mit 78.000 Euro gefördert.

Methanproduktion im Rinderpansen drosseln

Ziel des Projektteams ist es, einen neuartigen Futtermittelzusatz aus verschiedenen Wirkstoffen zu entwickeln, der die Methanproduktion dort reduziert, wo sie entsteht: im Vormagen der Rinder, im Pansen. „Das Methan wird im Pansen durch Mikroben erzeugt. Das sind meistens Archaeen, Ur-Zellen, die in großer Anzahl den Rindermagen besiedeln und die Fähigkeit haben, aus den Abbauprodukten komplexer pflanzlicher Kohlenhydrate Methan zu synthetisieren“, erläutert Projektleiter Benedikt Sabass von der LMU.

Wirksamer und günstiger Futtermittelzusatz

Sabass zufolge sind Schlüsselenzyme, die das Methan im Rinderpansen synthetisieren, bekannt. „Da gibt es bereits einige Ansätze in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Aber es gibt noch kein Mittel, das hochwirksam und gleichzeitig nicht teuer ist. Wir legen daher den Fokus darauf, einen Futtermittelzusatz zu entwickeln, der wirkt und zugleich günstig und in großen Mengen herstellbar ist“, sagt Sabass. Diese wirtschaftliche Komponente soll Sabass zufolge einen Anreiz bieten, damit die Innovation später auf Akzeptanz trifft.

Methanproduktion reduzieren, Verdauungseffizienz erhöhen

Der Anspruch der Forschenden: Die Zusätze sollen nicht nur die Methanproduktion im Rinderpansen deutlich eindämmen, sondern auch gleichzeitig die Verdauungseffizienz erhöhen, sodass die Tiere für die gleiche Leistung weniger Futter aufnehmen müssen. „Bisher gibt noch keinen wirtschaftlich einsetzbaren Futtermittelzusatz, der mehr als 50 % der Methanogenese inhibiert und gleichzeitig die metabolische Leistung verbessert. Aber genau das ist unser Ziel.“

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Noch betreiben die LMU-Forschenden weitgehend Grundlagenforschung – und das auf interdisziplinärer Ebene. Am Projekt sind daher mehrere Fachbereiche der LMU beteiligt. „Das Besondere unseres Ansatzes ist, dass wir von der Biophysik und Biologie über die Pharmazeutische Chemie bis zur Tiermedizin vernetzt sind“, sagt Sabass.

Im Rahmen der einjährigen Sondierungsphase haben die Forschenden zunächst bekannte Zusätze wie spezielle Rotalgen, aber auch neue Kandidaten, in Bioreaktoren getestet. Sabass zufolge wurden Wirkstoffe ausgenutzt, die „passgenau an die entsprechenden Moleküle binden“. „Diese Stoffe haben den Vorteil, dass man sie nur in geringen Mengen verfüttern muss und dass sie verträglich sind. Daher ist auch der metabolische Einfluss beträchtlich – sowohl beim Mast- als auch beim Milchvieh“, erklärt der Projektleiter.

Erfolgreiche Tests im „echten Rinderpansen“ ohne Tier

Die Tests fanden dabei an echten Rinderpansen, aber fernab der Tiere statt. Als Bioreaktoren dienten mit Pansenflüssigkeit gefüllte Glaskolben, die im Wärmebad sitzen und in einer hermetisch abgeschlossen, kontrollierten Atmosphäre regelmäßig mit Nährstoffen versorgt wurden. „Wir konnten anhand dieser Pansensimulation durch Gensequenzierung feststellen, welche Mikroorganismen stärker oder schwächer wachsen und welchen Einfluss die Zusätze haben. Mithilfe von Infrarotspektroskopie war messbar, welche Gase abgegeben wurden und ob die Methanproduktion hoch- oder heruntergeht.“

Mehrere Kandidaten für Futtermittelzusätze gefunden

Die Ergebnisse der umfangreichen In-vitro-Tests sind vielversprechend. Sabass zufolge wurden „mehrere Kandidaten für Futtermittelzusätze gefunden“, die nicht nur die Methan-Emissionen signifikant reduzieren, sondern auch verträglich sind und „für Mast- und Milchviehhaltung gleichermaßen funktionieren“. „Wir wissen, dass wir eine deutlich bessere Hemmung der Methanproduktion in vitro erreichen können als die der bekannten Zusätze, die bei rund 30 % liegen. Da liegen wir deutlich drüber. Unsere Zielmarke ist 80 %. Ob wir das im Tier erreichen, wissen wir aber noch nicht.“

Forschung in Machbarkeitsphase fortgesetzt

Welche neuen Futtermittelzusätze in den Tests verwendet wurden und schließlich zu den besagten Ergebnissen führten, bleibt vorerst ein Geheimnis. Denn die Forschung wird fortgesetzt. Die dreijährige Machbarkeitsphase ist soeben gestartet und wird vom BMBF mit weiteren rund 683.000 Euro gefördert. Jetzt geht es darum, die Stoffe weiterzuentwickeln und dabei die Wirksamkeit und Verträglichkeit so zu verbessern, dass die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz in der Tierhaltung erfüllt werden. „Auch eine Rückstandsanalyse ist vorgesehen, um zu zeigen, dass die Zusätze schnell im Rind abgebaut werden und natürlich die Qualität von Produkten wie Milch nicht beeinträchtigen“, erklärt Sabass.

Autorin: Beatrix Boldt